Archiv

News aus dem Nationalrat - Juli 2011

Das Parlament hat in dieser Woche zahlreiche zukunftsweisende Gesetzesbeschlüsse gefasst.

Mit dem historischen Beschluss des Volksgruppengesetzes wurde nach über 60 Jahren Staatsvertrag endlich eine gute Lösung für die zweisprachigen Kärnten Ortsbezeichnungen gefunden. Mit dem Beschluss des Ökostromgesetzes wird eine Investitionsoffensive in erneuerbare Stromproduktion gestartet. Österreich wird damit bis 2015 die Atomstromimportabhängigkeit beenden. Mit der Einrichtung des Pflegefonds konnte Sicherheit und Klarheit für die zukünftige Pflegefinanzierung geschaffen werden. Gleichzeitig wurden hierbei auch tiefgreifende Verwaltungsvereinfachungen umgesetzt.

In meiner Parlamentsrede zur Verwaltungsvereinfachung stellte ich auch klar, das durch alle zukünftigen Gesetzesänderungen in den verschiedenen Bereichen eine effizientere und praxisnähere Verwaltung ermöglicht werden soll und gleichzeitig die Qualität der Verwaltungsdienstleistungen aufrecht bleibt. Wer immer Verwaltungsreform und damit verbundenen Einsparungen redet, muss sich die Frage stellen welche Leistungen können und wollen wir den Bürgerinnen und Bürgern anbieten und vor allem in welcher Qualität. Es ist die Grundfrage zu stellen: Was erwarten die Bürgerinnen und Bürger von uns, dem Gesetzgeber?

Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern an dieser Stelle einen schönen Sommer, den Landwirten ein gutes Erntewetter und allen einige erholsame Urlaubstage.


VOLKSGRUPPENGESETZ UND ORTSTAFELLÖSUNG IN KÄRNTEN

Mit der Änderung des Volksgruppengesetzes wird auf Basis und dank der Vorarbeiten von Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel und der Kärntner Konsensgruppe das seit Jahren
strittige Thema der zusätzlichen zweisprachigen Ortstafeln in Kärnten dauerhaft gelöst.

Gleichzeitig wird auch die Zulässigkeit der Verwendung der kroatischen, slowenischen und ungarischen Sprache als Amtssprache verfassungsgesetzlich geregelt.

Kernpunkt der Änderung des Volksgruppengesetzes ist eine taxative Aufzählung von 164 Kärntner Ortschaften sowie weiterer Ortschaften im Burgenland, in denen es künftig
zweisprachige Ortstafeln geben muss. Die Kärntner Liste umfasst dabei:

• alle Ortschaften aus der geltenden Kärntner Topographieverordnung,
• alle Ortschaften, zu denen ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vorliegt
• sowie alle Ortschaften mit einem Anteil der  gemischtsprachigen Bevölkerung von mindestens 17,5 %.


SICHERHEIT UND KLARHEIT IM PFLEGEBEREICH

670.000 Menschen in Österreich sind heute über 75 Jahre alt, daher ist die Sicherung der Pflege eine der großen gesellschaftspolitischen Herausforderungen der Zukunft!
Bereits 2030 werden es mehr als eine Million sein und 2050 über 1,5 Millionen.
Rund 440.000 Menschen sind in Österreich bereits heute pflegebedürftig. Um den weiter stark steigenden Pflegebedarf zu decken, braucht es das Engagement vieler Menschen in den Familien und in den Hilfsorganisationen, entsprechende finanzielle Mittel und eine effiziente Organisation der Pflegeleistungen.

Das Parlament hat nun das Verhandlungsergebnis zwischen Bund, Ländern und Gemeinden umgesetzt und beschlossen.

Die Maßnahmen im Detail:
• Pflegefonds: 685 Mio. Euro werden bis 2014 zur Verfügung gestellt,
• 2/3 dieser Ausgaben werden vom Bund übernommen, 1/3 von den Ländern
• die Länder und Gemeinden verwenden diese Mittel für die Sicherung und den Ausbau der Pflegedienstleistungen (stationär, Kurzzeitpflege, Tagesbetreuung, alternative Wohnformen, mobile Dienste, Case- und Caremanagement)
• viele wollen möglichst lange zu Hause bleiben > das wird ausdrücklich verankert
• die Maßnahmen werden nach klaren Kriterien qualitätsgesichert und kontrolliert
• eine österreichweite Pflegedienstleistungsdatenbank schafft künftig Planungssicherheit für Länder, Gemeinden und Hilfsorganisationen
• Pflegegeld: die Zuständigkeit für das bisherige Landespflegegeld geht auf den Bund über
• Verwaltungsreform: statt bisher über 300 zuständige Behörden werden die Pflegegeldverfahren bei 8 Stellen konzentriert > die Verfahren werden schneller, gerechter und billiger

Vorteile für alle Beteiligten:
• die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen, weil Angebot, Qualität und Finanzierung gesichert werden;
• die Städte und Gemeinden, weil sie klare Planungsgrundlagen haben;
• die Steuerzahler von heute, weil weniger Geld in die Verwaltung geht;
• und die Steuerzahler von morgen, weil sich auch Länder und Gemeinden zu weniger Schulden und mehr Kontrolle verpflichten.


ÖKOSTROM FÖRDERUNG NEU

Alle Parlamentsfraktionen - außer die FPÖ -  haben sich auf das neue Ökostromgesetz geeinigt. Dieses sieht eine Aufstockung der Fördermittel für Strom aus neuen Anlagen von 21 Millionen auf 50 Millionen Euro jährlich vor. Dieser Betrag sinkt dann jedes Jahr um eine Million Euro, bis die Obergrenze nach zehn Jahren bei 40 Millionen Euro liegt.

Das „Ökostromgesetz 2012“ wird nicht nur einen enormen Boom bei erneuerbaren Energien auslösen, sondern auch die Abhängigkeit Österreichs von Atomstromimporten bis 2015 beenden.
Österreich liegt mit einem Anteil von 66% Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien heute schon klar auf Platz 1 der EU 27. Dieser Anteil wird bis 2020 auf über 80% steigen, insgesamt wird der Anteil erneuerbarer Energie am Brutto-Endenergieverbrauch bis 2020 auf über 35,1% steigen. Die Konsequenz sind effiziente und nachhaltige Investitionen im Energiebereich. So schaffen wir Aufschwung, Wachstum und Arbeitsplätze für Österreich.

Das Ökostromgesetz im Detail:
Windenergie wird den größten Anteil an den zusätzlichen Subventionen erhalten, nämlich 11,5 Millionen Euro. Für Biomasse und Biogas sind 10 Millionen Euro reserviert, für Photovoltaik 8 Millionen Euro und für Kleinwasserkraftwerke 1,5 Millionen Euro. Die restlichen 19 Millionen Euro gehen in einen Topf, der nach Bedarf zwischen Wind-, Kleinwasserkraft und kosteneffizienten Photovoltaik-Anlagen aufgeteilt werden soll.

Abbau des Rückstaus von Förderanträgen
Durch eine einmalige Aufstockung des Fördervolumens für neue Ökostromanlagen um 128 Mio. Euro wird der völlige und sofortige Abbau der Warteschlangen bei Windkraft, Photovoltaik und Wasserkraft erzielt, sofern die Anlagenbetreiber Abschlägen auf den beantragten Einspeisetarif zustimmen.
Dabei wird es einmalig 80 Millionen Euro für die Windkraft geben, 28 Millionen Euro für die Photovoltaik und 2 Millionen Euro für die Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) zweckgewidmet für die Forschung an Alternativenergien.


GRATISKINDERGARTEN WEITERHIN GEFÖRDERT

Der Bund wird auch in den Jahren 2011/12 und 2012/13 jeweils 70 Millionen Euro für das verpflichtende Kindergartenjahr bereitstellen. Damit soll der den Gemeinden durch das Gratiskindergartenjahr entstehende Mehraufwand über das laufende Jahr hinaus weiter abgedeckt werden. Die Aufteilung erfolgt nach dem prognostizierten Anteil der 5-jährigen Kinder in den Bundesländern.


UNTERSTÜTZUNG DER KINDER-TAGESBETREUUNG

Durch eine Anschubfinanzierung wurde die Tagesbetreuung an Schulen gefördert. Mittel in der Höhe von 80 Millionen Euro pro Jahr werden bis inklusive 2014 durch eine Bund/Länder-Vereinbarung gesichert. Für die Eröffnung einer Förder-Gruppe sollen an den Pflichtschulen künftig nur noch zwölf statt bisher 15 Anmeldungen (AHS weiterhin zehn) nötig sein und diese sogar standortübergreifend. Geschaffen wurde zudem das Berufsbild des Freizeitpädagogen, der ohne universitäre Ausbildung nach einem einjährigen Ausbildungslehrgang an den Pädagogischen Hochschulen als Tagesbetreuer tätig werden kann.


ABSETZBARKEIT VON SPENDEN

Konnten bisher nur Spenden für mildtätige Organisationen, Entwicklungszusammenarbeit oder Katastrophenhilfe beim Finanzamt geltend gemacht werden, werden nun auch Freiwillige Feuerwehren, Umwelt- und Naturschutzorganisationen sowie Tierheime als begünstigte Organisationen registriert.

Die Absetzbarkeit des Kirchenbeitrags wird von 200 auf 400 Euro verdoppelt.

Für Auslandsmonteure wird eine Dauerregelung für Steuerfreibeträge beschlossen. Für maximal sechs Monate im Jahr können 60 Prozent des Lohnes bzw. maximal 4.200 Euro steuerfrei geltend gemacht werden.


ANERKENNUNG VON RELIGIONSGEMEINSCHAFTEN

Die Anerkennung von Religionsgemeinschaften in Österreich wurde erleichtert. Um anerkannt zu werden, muss eine Bekenntnisgemeinschaft "organisatorisch und in der Lehre in eine international tätige Religionsgemeinschaft eingebunden" sein, "die seit zumindest 100 Jahren besteht und in Österreich bereits in organisierter Form zumindest 10 Jahre tätig gewesen " ist. Wenn der Antragsteller in Österreich gänzlich neu auftritt, muss er zumindest seit 200 Jahren in einer international tätigen Religionsgemeinschaft eingebunden sein.


KRIEGSMATERIALIEN

Das Kriegsmaterialiengesetz wurde für Lieferungen innerhalb der EU neu organisiert. Für die Verbringung von Kriegsmaterial aus Österreich in einen EU-Mitgliedstaat ist grundsätzlich eine vorherige Erlaubnis in Form einer Global- oder Einzelbewilligung erforderlich. Globalbewilligungen berechtigen zur zahlenmäßig nicht beschränkten Verbringung näher bestimmten Kriegsmaterials an konkrete Empfänger innerhalb der EU während eines Zeitraumes von drei Jahren und können nur Inhabern einer Gewerbeberechtigung für das Waffengewerbe erteilt werden. Die jeweilige Bewilligung wird künftig in der gesamten Union Gültigkeit besitzen, sodass für die Durchfuhr des Kriegsmaterials durch andere EU-Mitgliedstaaten oder seine Einfuhr in ein anderes Land der UNION grundsätzlich keine weiteren Bewilligungen benötigt werden.


NEUREGELUNG DER RETTUNGSFLÜGE

Aufgrund unterschiedlicher Interessen und Intentionen der Bundesländer in maßgeblichen Punkten, wird die Flugrettung nun von den Bundesländern selbst organisiert, wie grundsätzlich von der Bundesverfassung vorgegeben. Die Notwendigkeit der Bereitstellung von Notarzthubschraubern für die österreichische Bevölkerung durch das Innenminsterium ist daher nicht mehr gegeben. Parallel dazu werden grenzüberschreitende Rettungsflüge zwischen Österreich und der Schweiz erleichtert. Konkret werden die zoll- und luftfahrtrechtlichen sowie grenzpolizeilichen Verfahren vereinfacht.


ENTLASTUNG DER WIRTSCHAFTS- UND KORRUPTIONSSTAATSANWALTSCHAFT

Um Verzögerungen wegen Personalmangels vorzubeugen, wurde die neu organisierte Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft fürs erste von Aufgaben entlastet. So ist sie ab September nur für Wirtschaftsdelikte mit besonders hohem Schaden, Korruptionsdelikte und Bilanzfälschungsdelikte solcher Unternehmen, die über ein Stammkapital von zumindest fünf Millionen Euro oder über mehr als 2.000 Beschäftigte verfügen, verantwortlich. Die übrigen Zuständigkeiten werden erst mit 1.9.2012 wirksam werden.


BESSERE PREISTRANPARENZ AN TANKSTELLEN

Wirtschaftminister Reinhold Mitterlehener kann künftig Tankstellenbetreiber verpflichten, die jeweils aktuellen Treibstoffpreise elektronisch sofort an die E-Control zu übermitteln. Diese hat dann die Möglichkeit, mittels einer Preistransparenzdatenbank eine bessere Orientierung der Verbraucher zu schaffen und den Wettbewerb zu erhöhen. Verstöße gegen die neue Bestimmung werden von den zuständigen Organen der Bezirksverwaltungsbehörden nach den Strafbestimmungen des Preistransparenzgesetzes geahndet. Daneben besteht die Möglichkeit von Klagen aufgrund des UWG (Unlauterer-Wettbewerbs-Gesetz).

Zurück